Unterschiedliche Fehler an Prüfteilen können je nach Fehlerart den Einsatz verschiedener Beleuchtungen erfordern. So stellen beispielsweise Auflicht-Beleuchtungen in der Regel eine gute Grundlage für die Erkennung von Kratzern oder anderen Defekten an Oberflächen dar, wohingegen die Maßhaltigkeit geometrischer Formen im Durchlicht meist einfacher zu beurteilen ist. Müssen Bauteile gleichzeitig auf vielfältige Fehlerarten untersucht werden, würden sich die verschiedenen Beleuchtungen im parallelen Betrieb gegenseitig stören. Somit ist eine sequenzielle Prüfung häufig unvermeidbar, was zu einer Erhöhung der Taktzeit führt. Gerade im Fall von Zeilenkameras steigt diese erheblich an, da das gleiche Objekt unter unterschiedlichen Beleuchtungsszenarien mehrfach gescannt werden muss.
Eine effiziente Alternative zu dieser Vorgehensweise hat die Rauscher GmbH Bildverarbeitung während der letztjährigen Fachmesse VISION demonstriert. Entscheidendes Element des dort gezeigten Systems ist ein iPulse Beleuchtungs-Controller des Rauscher-Partners iCore, erläutert Thomas Miller, einer der beiden Geschäftsführer des Unternehmens: „iPulse-Controller erlauben eine hocheffiziente Ansteuerung von Beleuchtungen, da sie sehr präzise Stromimpulse von weniger als 1 μs und Stromstärken bis 200 A erzeugen können. Dies ermöglicht eine stabile und präzise Strobe-Beleuchtung auch mit High-Power-LEDs.“ Der wesentliche Vorteil dieser Herangehensweise besteht darin, mehrere sequenzielle Inspektionen zusammenfassen zu können und somit effizientere, wirtschaftlichere Prozesse zu generieren.
Im Vergleich zu herkömmlichen Beleuchtungssteuerungen bieten iPulse-Controller zwei wesentliche Vorzüge: Zum einen verkürzt sich die Antwortzeit bis zum Ansprechen der angesteuerten Beleuchtungen durch die extrem schnellen Stromimpulse deutlich. Zum anderen führt die erzielbare kurze Pulsdauer mit hohen Stromstärken dazu, dass die Beleuchtungen nur exakt während des benötigten Zeitraums aktiv sind und ihre volle Leistung bis hin zum Zehnfachen des LED-Nennstroms abgeben können. Dadurch lässt sich eine schnellere Blitztaktung erzielen, was die Voraussetzung für die Multistrobe-Technologie darstellt.
Schnelles Umschalten zwischen Szenarien
Auf Basis des eingesetzten IP-2P2S-5C Controllers haben die Rauscher-Experten ein System entwickelt, das eine vielseitige, schnelle und hochgenaue Bildverarbeitung mit Multistrobe-Technologie ermöglicht. Schlüssel zum Erfolg ist dabei das schnelle Umschalten zwischen verschiedenen Beleuchtungsszenarien, betont Miller: „Über einen iPulse Beleuchtungs-Controller lassen sich sehr schnelle Wechsel zwischen mehreren Beleuchtungsbedingungen realisieren, indem die angeschlossenen Beleuchtungen beispielsweise mit unterschiedlichen Intensitäten oder Beleuchtungswinkeln betrieben werden. Je nach Setup ist es auch möglich, die Wellenlängen zu variieren, um so bei Multispektral-Systemen verschiedene Schwerpunkte bezüglich der Spektralverteilung zu setzen. Diese Technologie lässt sich sowohl in Areascan- als auch in Linescan-Anwendungen umsetzen.“
Auf diese Weise ist es möglich, sehr flexible Vision-Systeme zu realisieren, mit denen dynamische Szenenaufnahmen, High-Speed Imaging, Strobe-Anwendungen mit reduzierter Bewegungsunschärfe oder auch Aufnahmen mit mehreren Blickwinkeln zur Erfassung von Tiefeninformationen in 3D kein Problem darstellen. Mit Hilfe der Multistrobe-Technologie lassen sich somit kosteneffizient Aufnahmen benutzerdefinierter Sequenzen erzielen, die zudem in Echtzeit angepasst werden können.
Die folgende Grafik verdeutlicht die prinzipielle Funktionsweise der Multistrobe-Technologie: In diesem Beispiel werden vier an unterschiedlichen Positionen montierte LED-Beleuchtungen mit sehr kurzen Zeitabständen nacheinander angesteuert. Die vier daraus resultierenden Bilder können über die eingesetzte Software zu einem einzigen Bild zusammengefasst werden, das die Informationen aller Aufnahmen unter den unterschiedlichen Beleuchtungsrichtungen kombiniert. Fehler, die in nur einem der Einzelbilder erkennbar waren, sind auf diese Weise im Gesamtbild enthalten, was eine sicherere Identifikation unerwünschter Objektmerkmale ermöglicht. Aufgrund der extrem präzisen und schnellen Ansteuerung der Beleuchtungen im Bereich von bis zu unter 1 µs können mit iPulse-Controllern ausgestattete Systeme selbst dann noch Bilder der Prüfobjekte in nahezu der selben Position aufnehmen, wenn die Objekte mit höheren Geschwindigkeiten beispielsweise auf einem Transportband durch den Prozess bewegt werden.
Eine Kamera, mehrere Einblicke
Um die Leistungsfähigkeit solcher Systeme anhand einer Messedemo zu zeigen, kombinierte das Technik-Team von Rauscher den iPulse Lichtcontroller von iCore mit einer Zeilenkamera der Vieworks VL-Serie und einer Auflicht- sowie einer Durchlicht-Beleuchtung von Advanced Illumination. Als Software für die Bildauswertung kam die Zebra Aurora Imaging Library zum Einsatz.
„Mit jeder Aufnahme der Zeilenkamera werden in diesem System zwei Bilder erzeugt“, verdeutlicht Miller. „Der Controller aktiviert die beiden Beleuchtungen dabei jeweils so, dass eine Bildzeile im Auflicht und die andere im Durchlicht entsteht. Jede Zeile des Bildes wird also unter unterschiedlichen Lichtverhältnissen aufgenommen. Auf der Software-Ebene werden die geraden und ungeraden Zeilen anschließend aufgeteilt, um die beiden Bilder zu erzeugen.“
Für die fehlerfreie Funktion des Systems ist an der horizontalen Achse, auf der das Prüfobjekt – in diesem Fall eine unbestückte Leiterplatte - befestigt ist, eine Lichtschranke montiert. Sie dient als Frame Trigger und aktiviert den Beginn der Aufnahme in der Kamera. Der Motor, der die horizontale Achse antreibt, ist mit einem Encoder gekoppelt. Er misst die Drehgeschwindigkeit des Antriebs und gibt auf dieser Basis die erforderlichen Line Trigger-Signale an die Kamera weiter, um die Aufnahme jeder Zeile zu starten. Immer wenn die Kamera belichtet, sendet sie ein Exposure Active-Signal an den Beleuchtungs-Controller, der dann eine vorgegebene Sequenz erzeugt, um die angeschlossenen Beleuchtungen nacheinander zu aktivieren.
„Für unsere VISION-Demo betreiben wir die Kamera mit der doppelten Zeilenrate, um jede Zeile zweimal zu beleuchten und aus den aufgenommenen Informationen dann anschließend zwei vollständige Bilder zu separieren“, erläutert Miller weiter. „Damit wollten wir das Grundprinzip der Multistrobe-Technologie zeigen. Aufgrund der extrem präzisen iPulse-Controller sind zwei Bilder pro Zeile aber noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. In Abhängigkeit von den jeweiligen Randbedingungen, den zu erkennenden Fehlerarten und den im System integrierten Beleuchtungen können mit solchen Multistrobe-Systemen prinzipiell beliebig viele Informationen in einem Durchlauf aufgenommen und von der Software in aussagekräftige Bilder umgewandelt werden.“
Multistrobe-Imaging in der Anwendung
Multistrobe-Imaging bietet nach Millers Aussage in vielen industriellen Anwendungen eine wirtschaftliche Option, Prüfobjekte mit nur einem statt mit mehreren sequenziellen Vision-Systemen auf unterschiedliche Merkmale und Fehlerarten zu untersuchen. „Natürlich ist diese Technologie keine Wunderwaffe, die sich für jeden Einsatzfall eignet. Wenn die Aufgabenstellung Multistrobe-Bildverarbeitung aber zulässt, so kann dies die Hardware-Kosten für den Anwender deutlich reduzieren und auf diese Weise zu effizienteren, wirtschaftlicheren Inspektionsprozessen führen.“ Als besonders geeignet hält Miller die Technologie beim Einsatz in Bildverarbeitungsaufgaben wie z.B. bei Materialprüfungen, Oberflächeninspektionen oder 3D-Formanalysen. „Bei der Beurteilung der Frage, in welchen Fällen der Multistrobe-Ansatz tatsächlich Vorteile für den Anwender bringt, helfen unsere Experten gerne weiter“, so Miller.
Bis zu acht Kanäle
Die iPulse-Familie an Beleuchtungs-Controllern von iCore umfasst derzeit 20 Modelle mit ein, zwei, vier oder acht Kanälen, die Stromstärken zwischen 0,2 und 20 Ampere im Dauerbetrieb bzw. zwischen 2 und 200 Ampere im Blitzbetrieb zur Verfügung stellen. Bei der Ausgangsleistung decken die Controller je nach Modell pro Kanal einen Bereich von 60 bis 500 Watt und bei der Gesamtleistungen 60 bis 1000 Watt ab. Aufgrund dieser vielseitigen technischen Merkmale ist es möglich, für jede Aufgabenstellung das jeweils optimal geeignete Modell einzusetzen. Die Experten bei Rauscher bieten Anwendern kompetente Unterstützung bei der Auswahl aller Bildverarbeitungskomponenten inklusive des passenden Controllers.